In manchen gesellschaftlichen Milieus in Deutschland nimmt der Antisemitismus zu. Dieses düstere Bild zeichnet das jüngste „Zivilgesellschaftliche Lagebild Antisemitismus“ der Amadeu Antonio Stiftung. Die Studie wurde im Rahmen der laufenden Aktionswochen gegen Antisemitismus in Berlin vorgestellt. „Antisemitismus ist in Deutschland ein Renner und Brückenschlag über alle Klassen und Milieus hinweg“, stellte Stiftungsvorstand Tahera Ameer fest.
„Die extreme Rechte versucht stets, antisemitische Verschwörungserzählungen in der Gesellschaft zu streuen. Sie versucht damit, die Erzählungen gesellschaftsfähig zu machen“, heißt es zu Beginn der Studie. Seit der Corona-Pandemie haben sich neue Gruppen von Welterklärern hinzugesellt: Der Schulterschluss einer radikalisierten Mitte „zeigt sich in den Demonstrationen der Corona-Leugner*innen. Antisemitismus ist aber auch in progressiven Milieus en vogue und bekommt bei linken Demonstrationen eine Bühne.“
Die Autoren der Studie machen fünf sogenannte Kernbeobachtungen aus:
Antisemitismus verklärt die Welt: Antisemitische Verschwörungserzählungen prägen die Debatte um die Energieversorgungskrise stark. Mit antisemitischen Erklärungsversuchen werden komplexe Sachverhalte verkürzt und wird auf alte Feindbilder zurückgegriffen.
In aktuellen Antisemitismusdebatten wird oftmals so getan, als ob Israelhass und Judenhass nichts miteinander gemein hätten. Damit werden Antisemitismus-Vorwürfe pauschal abgewehrt.
Jüdinnen und Juden werden mit ihren Einschätzungen nicht ernst genommen. Betroffenenperspektiven werden ignoriert.
Die aktuellen Antisemitismusdebatten erschweren die Bekämpfung von Antisemitismus. Israelbezogener Antisemitismus wird kleingeredet mit der Behauptung, man habe in Deutschland einen voreingenommenen Blick auf Israel.
Antisemitismus bekommt wieder eine Bühne: Antisemitische und israelfeindliche Akteure üben einen steten, teils wachsenden Einfluss aus.
Zur Studie „Zivilgesellschaftliches Lagebild Antisemitismus #10“
siehe auch: Bericht zu Antisemitismus in Deutschland: Dammbruch Documenta